avatar_Oval 5

greyTs Serie Tom Meulman - 16 - Den Renn-Greyhound trainieren (1)

Begonnen von Oval 5, 04.12.2012, 05h21

vorheriges - nächstes

Oval 5

greyTs Serie Tom Meulman - 16 - Den Renn-Greyhound trainieren (1)

Originaltext Tom Meulman - Training the Racing Greyhound (1)

Den Renn-Greyhound trainieren (1)


Grundlegende Richtlinien für die Planung eines Trainingsprogramms

Wie jeder andere Athlet muß auch der Greyhound ein Trainingsprogramm durchlaufen, um seinen
Körper auf die physischen Anforderungen von Rennen vorzubereiten und zu konditionieren.
Erfolgreiches Training besteht zunächst daraus, die grundlegenden Schritte gut hin zu bekommen und
anschließend den Greyhound nicht nach irgendeinem tollen Plan zu trainieren, sondern seinen
individuellen Bedürfnissen entsprechend zu fördern.
Daher muß jedes Trainingsprogramm flexibel und veränderbar aufgebaut sein, so daß es wöchentlich
oder sogar täglich auf die speziellen Bedürfnisse des Greyhounds angepasst werden kann im Streben
nach einem bestimmten Ziel.

Das Geheimnis eines erfolgreichen Trainings liegt darin, mit einem gesunden und makellosem
Greyhound zu beginnen. Beobachte Deinen Greyhound aufmerksam und passe die Anforderungen an
den Greyhound entsprechend den präzisen Beobachtungen nach jedem Lauf neu an.     

Es macht Sinn sich zu vergegenwärtigen, daß alles was dem Greyhound widerfährt das Ergebnis
dessen ist, was Du ihm abverlangt hast. Es ist Dein Handeln und liegt in Deiner Verantwortung. Den
Greyhound der immer mit Schmerzen ins Ziel läuft oder nach jedem Lauf überanstrengt ist gibt es
nicht. 

Wenn derartige Dinge auftauchen sind sie die Folgen von für den speziellen Greyhound unpassenden
Trainingsmethoden oder entstehen aufgrund unbeachteter gesundheitlicher Einschränkungen zu
Beginn, und sind folglich Fehler des Trainers, nicht des Hundes.     

Trotzdem wird es nicht möglich sein, jeden Greyhound zur geforderten Leistung zu bekommen. In
vielen Fällen wird es schlicht finanziell unrentabel sein mit einem Hund weiterzuarbeiten, der eine
schlechte mentale Grundeinstellung hat zum Wettkampf, oder der von ernsten Muskel- und/oder
Organschäden in seiner Rennleistung eingeschränkt ist. In der Folge ist das Ausscheiden aus dem
Renngeschehen oft die einzige Wahl.


Grundlegende Überlegungen
Laßt uns zunächst noch einmal einige grundlegende aber essenzielle Erwägungen vergegenwärtigen
die man im Kopf haben muß, wenn man ein Trainingsprogramm für einen jungen Greyhound
entwickeln will.

Greyhounds werden normalerweise in langen geraden Ausläufen aufgezogen und verbringen
mindestens 8 Monate ihres Lebens damit, in diesen Ausläufen auf und ab zu laufen.

Ein nicht ausgereifter Greyhound im Wachstum wird in einem engen, langen Aufzuchtauslauf beim
durchstarten und sich drehen das Kreuz, das linke  Vorderfußwurzelgelenk ("Hand"gelenk), das linke
Wadenbein und die Bänder der rechten Ferse wie auch andere Bereiche des Körpers die noch nicht
ihre volle Widerstandskraft erreicht haben, zusätzlich belasten.

Belastungen entstehen zudem gleichermaßen auf den rechten wie den linken Oberschenkelmuskel
(Musculus vastus medialis+lateralis) beim Durchstarten zum Ende des Auslaufs, und der plötzlichen
Start aus dem Stand belastet die Wadenmuskel (medial & lateral gastrocnemius) wie auch das untere
Ende des Bizeps(biceps femoris) speziell im linken Hinterlauf.

Wenn man all das weiß bedarf es nur gesunden Menschenverstand, sich zunächst die körperliche
Struktur des jungen Greyhounds anzuschauen um zu klären ob durch die Aufzucht irgendwelche
Schwachstellen entstanden sind, die in einem Trainingsprogramm berücksichtigt werden, oder vor
dem Beginn des eigentlichen Trainings gestärkt werden müssen.   

Aber Du hast den Hund ja von einer angesehenen und fähigen Person auf Verletzungen checken
lassen, also solltest Du jetzt in der Lage sein, zu machen was immer Du für richtig hältst - stimmt's? 

Tut mir leid, aber so einfach ist es nun mal nicht. Weil ich rede von Schwäche, nicht von
schmerzhaften Verletzungen und da besteht ein erheblicher Unterschied. Eine Schwachstelle kann auf
einer Verletzung durch ständig wiederholten Bewegungen beruhen, die bereits ausgeheilt ist und
keine Schmerzreaktion mehr hervorruft und daher leicht zu übersehen ist. Aber die Stelle ist schwächer,
als der Muskel, die Bänder oder Sehnen auf der gegenüberliegenden Seite.


Überprüfe folgende Regionen nicht nur auf Schmerzen sondern in erster Linie auf die Stabilität
der Knochengelenke.
(1)

Dehnt sich das linkes Vorderfußwurzelgelenk(Handgelenk) auf festen Druck von oben auf die
Schulterblätter sicher nicht weiter nach hinten durch als das Gelenk der Rechten Vorderhand und
steht der Hund gleichmäßig auf allen 4 Beinen?   

Die Stabilität des Accessory Carpal Bone (stopper bone) beider Gelenke wird geprüft indem man das
Gelenk in einen rechten Winkel biegt, den Daumen dabei auf der Rückseite der Pfote in die Vertiefung
oberhalb des Stopper bone legt und fest in Richtung der Zehen drückt.

An den Schultern die Stabilität der Verbindung zwischen Oberarm und Schulterblatt, speziell in der
rechten Schulter, in dem Du das vordere Fingerspitze des Zeigefingers in die Vertiefung des Gelenks
legst und moderaten Druck einwärts und rückwärts ausübst.   

Die Seitwärts-Stabilität des 7. Lendenwirbels durch das anlegen des Daumens seitlich am Wirbel und
fest seitwärts drücken. Probiere das in beide Richtungen; es sollte keinerlei Bewegung zu erkennen
sein und dem Hund auch keiner Weise Unbehagen verursachen.

Es sollte bemerkt werden, daß ein Greyhound der einen Schaden an der Stabilität des 7.
Lendenwirbels davon getragen hat aufgrund mangelnder Versorgung der Nervenbahnen mit großer
Wahrscheinlichkeit links einen kleineren Hüftmuskel hat als rechts.

Vergleich der Fersenbeugung rechts und links - wird getestet indem man den Hinterlauf etwas
anhebt, dabei das Knie nach oben beugt. Nun übt man moderaten Druck aus mit einer Hand auf die
Oberseite des Knies, der anderen unter dem Fuß und vergleicht den Abstand von Fuß zu Knie auf
beiden Seiten bei dem gleichen Druck.   

Stärke jeden Schwachpunkt nach Bedarf und passe die Art der Arbeit oder des Trainings des
Greyhounds kurzfristig an um eine zusätzliche Belastung bereits geschwächter Regionen zu
vermeiden. Es macht nicht viel Sinn einem Greyhound, der bereits unter einem geschwächten linken
Fersengelenk leidet auf engem Raum (orig: in einer engen Stierkampfarena) irgendetwas
abzuverlangen oder einen Greyhound mit einer Schwäche im linken Hinterlauf täglich eine Gerade
laufen zu lassen.   

Aufgrund dessen muß jedes irgendwo aufgeschriebene Trainingsprogramm als Grundlage angesehen
werden und nicht als starre, feste Regel, die für jeden Greyhound gültig wäre.

Die einzige zusätzliche grundlegende Voraussetzung für jegliches Trainingsprogramm ist:
Es muß ein Programm sein!
Nicht nur am Sonntag Morgen aufstehen, die Sonne scheint und
Du sagst Dir - hey, heut ist ein schöner Tag, gehen wir zum Training auf die Bahn.


Um ein individuelles Trainings- und Rennkonzept aufzustellen mußt Du folgende Eigenschaften
des Greyhounds berücksichtigen:

Allgemeinbefinden
Gewicht
Alter
aktuelle Renn-/Trainingserfahrung
Gesundheitszustand - körperlich schmerzfrei und ohne Verletzungen
Strukturelle Schwächen
Mentale Grundhaltung



Das Alter des Greyhounds in Relation zu seiner Belastbarkeit (bezüglich Arbeit)

Ein strittiger Punkt ist oft das Alter des Greyhounds in Relation zu seinen physischen und/oder
mentalen Fähigkeiten mit den Belastungen durch das vom Trainer entworfenen Training zurecht zu
kommen.

Es gibt allerdings eine Faustformel die man nutzen kann um zu entscheiden, ob ein junger Greyhound
reif genug ist für das angestrebte Trainingsprogramm und dies lautet.

"Ein Monat im Leben eines Greyhounds entspricht einem Jahr im Leben eines Menschen"

Mit anderen Worten: Man erwartet von einem 12jährigen nicht die gleiche physische  Belastbarkeit,
die man von einem 18jährigen erwarten kann. Ebenso wie man von einem 18jährigen nicht die
gleiche mentale Reife erwartet wie von einem 24jährigen. Gleichwohl, wie viele professionelle
Athleten konkurrieren im Alter von 36 Jahren noch im Spitzenfeld ihres Sportes? 

Noch ein weiterer Gesichtspunkt bezüglich dieser Faustregel, den jeder der Kinder groß gezogen hat
nur zu gut verstehen wird ist, daß wenn man ihnen nicht bis sie 15 Jahre alt sind beigebracht hat wie
sie sich benehmen sollen, es zu spät ist dafür!!

Die gleichen Regeln gelten auch für die Erziehung von Greyhounds: Man hat nur während eines
schmalen Zeitfensters Gelegenheit für Erziehung und Einarbeitung (orig: break-in) von Greyhounds
beginnend mit 12 oder 13 Monaten (abhängig von der Reife der Knochen) bis 15 Monaten.

Nur, erwarte von einem 15 Monate alten Greyhound nicht, daß er das gleiche Pensum bewältigen
kann wie ein 20monatiger ohne zu scheitern.



Trainingsprogramme - Planung und Vorbereitung

Ungeachtet des Inhalts eines Trainingsprogramms gibt es zwei alternative Methoden ein Trainings-
programm für den Greyhound zu planen:

entweder
* Ein Trainingsprogramm bei dem man die kommenden 14 Tage im Voraus plant und alle Aufgaben
des Hundes auf einer Tafel einträgt, einschließlich der Art der Arbeit, der Rennbahn(track) und der
Distanz. Dann, jeden Tag nach dem Training, trägt man die Aufgaben für den Tag in 14 Tagen ein und
berücksichtigt dabei die nötigen Änderungen in Abhängigkeit von der Gesundheit und dem
Wohlergehen des Hundes.

oder
* Ein Trainingsprogramm auf ein bestimmtes Rennen hin bei dem man eine Methode nutzt die als
Critical Path Scheduling bezeichnet wird. Dabei listet man ausgehend vom Renntermin rückwärts bis
heute die nötigen Schritte auf, die man selber und der Greyhound bewältigen muß um es zum Rennen
zu schaffen und es zu gewinnen. 

Man nennt das die Methode des kritischen Pfads, weil es um an einen bestimmten Punkt zu gelangen
oder ein bestimmtes Resultat zu erreichen ausschlaggebender(kritischer) Punkte oder Handlungen
bedarf, ohne die man das Ziel einfach nicht erreichen kann.   

Ausgehend von dieser zukünftigen Veranstaltung listet man zunächst alle "Muß-Aufgaben" oder
entscheidenden Bausteine zurück bis zum jetzigen Tag auf. Anschließend schreibt man die "Soll-
Aufgaben" zwischen die "Muß-Aufgaben". Dann kann man, wenn man möchte, weitere zusätzliche
Aufgaben einfügen, die dem Ergebnis förderlich sein können, aber nicht unbedingt nötig sind. Dazu
können Dinge gezählt werden wie die Terminpläne für das Hydrobad für den Greyhound,
Untersuchungen auf Verletzungen, Bluttests, und oder Therapeutische Behandlungen oder
Injektionen.

Daraus ergibt sich dann ein detaillierter Arbeitsplan, der darin gipfelt, daß der Greyhound zum Tag
der Veranstaltung in der bestmögliche Leistungsfähigkeit ist.


Sprinter und Steher
Während es offensichtlich sein sollte, daß ein Greyhound der 350 Meter-Rennen läuft andere
Anforderungen hat bezüglich der Beanspruchung im Training als ein Greyhound, der über eine Distanz
von 700 Metern läuft, sind diese Anforderungen doch einzig von den Fähigkeiten jedes einzelnen
Greyhounds diktiert mit einem bestimmten Arbeitspensums fertig zu werden.

Der Unterschied von Sprinter und einem echten Steher ist das Ergebnis einer idealen Kombination aus
einer speziellen Art der Muskelstruktur und der richtigen mentalen Veranlagung.

Anders ausgedrückt: Hat man einen Greyhound mit ererbter langsam kontrahierender, ermüdungs-
fester Muskulatur und einer mentalen Veranlagung hoch erregbar zu sein und irrem Hetztrieb, hat
man nichts als ein langsamer Sprinter. Oder anderes herum: hat man einen Greyhound mit der
schnellen Muskelfaserstruktur  des Sprinters und einer mentalen Einstellung, die besser zu einem
Steher paßt, wird man einen Greyhound vor sich haben der entweder schwer an das Rennen gewöhnt
werden kann oder nicht so wirkt, als ob er die meiste Zeit begeistert jagen würde.   
Einer der Hauptgründe dafür, warum sich erfahrene Züchter dagegen sträuben einen  Champion-
Steher als Deckrüden zu wählen oder zu halten liegt darin, daß die Welpen oft die mentalen
Eigenschaften des Vaters erben. Während es viele Zuchtrüden gibt, unter deren Nachkommen ein
beträchtlicher Teil erfolgreiche Steher zu finden sind, waren sie selber doch Sprinter mit außergewöhn-
licher Ausdauer. 

Daher ist es das wichtigste zu begreifen, daß wenn ein Greyhound die Muskelstruktur und Charakter-
eigenschaften eines Sprinters geerbt hat, es extrem unwahrscheinlich ist daß er je über eine Distanz
von 700 oder 800 Metern laufen wird können, ganz egal welche Trainingsmethode man anwendet.

Die andere wesentliche Tatsache, die man einsehen muß ist, daß wenn der Greyhound die Spitze
seiner Fitneß erreicht hat, er nicht noch fitter werden kann; jede zusätzliche und härtere Anstrengung
wird zu nichts weiter führen als einer Schädigung der Muskulatur, übermäßigem Muskeltonus und
bedeutenden  Muskelverletzungen.   

Jeder Greyhound hat eine Maximaldistanz, die er noch eben gut laufen kann bevor er anfängt gestreßt
zu werden und/oder zunehmende Muskelschäden davon trägt. Finde die Distanz heraus, die Deinem
Greyhound am besten zusagt und konzentriere Dich von da an darauf den Hund nur für genau diese
Distanz zu trainieren.

Die meisten Greyhounds, die jeden vierten oder fünften Tag ein Rennen laufen brauchen dazwischen
nicht mehr als 20 Minuten Gehen täglich oder vier mal am Tag in einen kleinen Auslauf hinaus
gelassen zu werden damit sie sich erleichtern können. 

Streiche alle Trainingsläufe oder Sprints hinter der Lure mindestens 72 Stunden vor dem Rennen;
verliere nicht den besten Lauf Deines Greyhounds auf der Trainingsbahn!

Cheers,
Tom
Übersetzung: Oval@greyts.eu


----------------------------------------------

Anmerkung:
(1) Die Beschreibung wie man die einzelnen Schwachstellen auf eventuelle Vorbelastungen
untersucht gibt es hier icon_arrow.gif schon mal recht ausführlich. Es ist aber auf jeden Fall angesagt, sich das
wenn möglich zeigen zu lassen und nicht einfach mal drauf los zu probieren - worauf hoffentlich eh
keiner käme  wink.gif 



Vorwort zu einer Serie - das sind im Original Texte aus Australien, die hier nicht unbedacht 1:1
übernommen werden können, sondern mit Verstand gelesen sein wollen um das Wissen hier
zu vergrößern. In diesem Sinne gilt das Vorwort für jeden Text der Serie.


Zum Copyright:
Dieser Text darf nicht zitiert oder geändert werden sondern nur verlinkt.
Inhaltliche Nachfragen müssen an Tom Meulman selber gestellt werden. Das ist Voraussetzung
für die Übersetzungsfreigabe für hier gewesen. Dazu bitte den Originaltext aufrufen und die
entsprechende Rubrik auf seiner Seite suchen.



Fortsetzung folgt...  smiley.gif