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Serie Tom Meulman - 8 - DER ZWINGER

Begonnen von Oval 5, 16.07.2012, 05h38

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Oval 5

Originaltext Tom Meulman - THE KENNELS - 14.10.2009

Die Zwingeranlage


Der Zwinger des Renn-Greyhounds soll die Leistungsfähigkeit des Hundes unterstützen.

Aus diesem Grund muss der Zwinger einer Reihe von spezifischen und nicht verhandelbaren
Anforderungen entsprechen.
Diese sind:
(1) Eine gesunde Umgebung
(2) Eine erholsamen Umgebung
(3) Gleichbleibende Temperatur
(4) Völlige Sicherheit


Eine gesunde Umgebung
Dies erfordert, daß die Zwinger aus Materialien gebaut wird, die leicht zu reinigen und zu des-
infizieren sind und keine Feuchtigkeit speichern.
Die Bodenoberfläche muß ausreichend drainiert sein, damit nach dem Putzen alles schnell
wieder trocken ist.

Weiches, sauberes gemütliches Material für das Bettchen, das man bei Bedarf waschen oder
ersetzen kann.

Der Schlafplatz des Hundes muß an drei Seiten mindestens 1,5 Meter hoch geschloßen sein,
um dem Hund einen gemütlichen, geschützten Schlafplatz zu gewährleisten.

Die Mindestmaße für den Schlafplatz sind 1 m Länge und 0,9 m Tiefe. Dazu mindestens 1 m
breit und 1,5 m tief Bodenraum. Die Gesamtgröße des Zwingers kann größer sein als diese
Mindestmaße. Grundsätzlich gilt aber, für Renn-Greyhounds im Wettkampftraining, eine Boden-
gesammtfläche von 3m² nicht zu überschreiten, um einerseits die Verletzungsgefahr zu
minimieren und andererseits die Erholung durch Schlaf zu unterstützen.

Last not Least muß auf frische Luft ohne Zug geachtet werden.

Es ist wichtig zu begreifen, daß ein naßer Zwingerboden beim Trocknen die Luftfeuchtigkeit um
bis zu 25 % erhöhen kann, was die Wahrscheinlichkeit von Zwingerhusten und Infektionen der
oberen Athemwege erhöht.

Ebenso spielt die Art des Desinfektionsmittels, das regelmäßig benutzt wird eine Große Rolle
für das Wohlergehen des Greyhound.

Ein Desinfektionsmittel mag die Keime wie erwünscht abtöten, gleichzeitig aber vom Hersteller
so stark parfümiert sein, daß es dem Greyhound merklich Schwierigkeiten verursacht und
Unwohlsein.   

Vor einigen Jahren wurde ich um Hilfe gebeten von einem Trainer, dessen einer Greyhound
schreckliche Probleme mit seinen Pfoten hatte. Dieser Greyhound lag auf seinem Bettchen und
kaute sich die Ballen blutig und wund, und der Trainer war an dem Punkt angelangt, den Hund
einschläfern zu lassen.

Wie auch immer, ich möchte mich kurz fassen, ich fand heraus, daß der Boden ein schlechte
Drainage hatte und das Desinfektionsmittel, das sich dort sammelte die Pfoten des Hundes
irritierte.
Das Desinfektionsmittel verursachte schrecklichen Juckreiz und die einzige Möglichkeit für den
armen Hund zu reagieren war, sich die Pfoten zu schlecken und daran herumzukauen. 

Ich weiß, das war ein schwerer Fall, aber es illustriert gut die Thematik. Ich habe eine Reihe von
Greyhounds gesehen mit Haut- und Pilzinfektionen zwischen den Zehen und um die Nägel, die
durch einen naßen Boden aufgrund schlechter Drainage und/oder mangelnder Frischluftzufuhr
entstanden waren.
   
Eine gesunde Umgebung bedeutet auch, daß es keine scharfen Spitzen am Gitter geben darf,
mit dem der Zwinger gebaut wurde, oder eine Zwingersituation, in der ein Hund den anderen
durch das Gitter irgendwo hineinbeißen kann, wenn ein Streit entsteht über z.B. ein auf den
Boden gefallenes Futterstück.


Eine erholsame Umgebung

Die Renn-Konkurrenz bedeutet für jeden Teil des Greyhoundkörpers extremen Streß.

Erholung von extremem Streß bedarf kompletter Ruhe.

Wenn der Greyhound in einem Zwinger lebt, in dem diese Ruhe durch äußere Einflüsse gestört
wird, kann er sich möglicherweise von einem anstrengenden Lauf nicht vollständig erholt haben
bis zum nächsten Rennen und der Streß erhöht sich dadurch bei dem Rennen nochmals. 

Diese äußeren Umstände können zum Beispiel Dinge sein wie: Ungemütliches Liegematerial,
Hitze, Kälte, Lärm, Zugluft, oder ständig wiederholte Störungen durch Aktivitäten ringsum, wie
kommende und gehende andere Greyhounds, oder schlicht ein unsympathischer Hund nebenan.


Gleichbleibende Temperatur

Hunde als Spezies sind in der Lage unter extremen Bedingungen zu überleben, von der
Artischen Kälte bis zur Hitze der Australischen Wüste.
Nur, wir haben es mit Renn-Greyhounds zu tun, Hochleistungssportlern, und nicht nur
Überleben sondern vielmehr Leistung auf höchster Ebene.     

Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, daß die ideale Temperatur für Renn-Grey-
hounds bei etwa 20 °C liegt. Das ist der Grund, wieso alles dafür getan wird, die Temperatur
in den Rennbahnzwingern in Victoria auf eben diese 20 °C zu halten.
 
Was die Zwinger zu Hause anbelangt habe ich aus meiner Erfahrung den Eindruck gewonnen,
daß die meisten Greyhounds mit Temperaturen zwischen 15 und 25 °C noch gut zurecht
kommen.

Unter 15 °C kann ein Mäntelchen nötig sein, um die Körpertemperatur aufrecht zu erhalten,
während bei über 25 °C irgendeinen Methode nötig werden kann, den Hund oder den Zwinger
zu kühlen.

Völlige Sicherheit

Zwingersicherheit ist etwas, das leider die meisten Trainer etwas zu locker nehmen, wohin-
gegen ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen geradezu paranoid geworden bin bei
diesem Thema. 

Vor einigen Jahren hatte ich das unverschämte Glück gleich mehrere Greyhounds im Zwinger zu
haben, die ausreichend Fähigkeiten hatten, auf den großen Rennbahnen (metropolitan tracks)
auf einem Niveau zu laufen, der sie zu Favoriten für das Rennen machte.

Der Bau, in dem sich die Hundezwinger befanden schien mir sicher wie Fort Knox, gemauert aus
festen Ziegeln, zwei durchgehend fest mit Querbalken verschlossenen Türen und ohne Fenster.
Für das Licht gab es sichere Oberlichter.

Wenn ich nun sagen würde, daß ich an einem bestimmten Punkt bemerkt hätte, daß meine
Greyhounds nicht die erwartete Leistung gebracht hätten und ich jemanden verdächtigte, meine
Hunde zu manipulieren, würde ich lügen. Die schlichte Wahrheit war, ja, einige meiner Grey-
hounds liefen schlecht in Momenten, als ich erwartete, daß Sie gewinnen würden. 

Nur, wenn man Greyhounds zu Rennen schickt passiert das nun mal und man versucht Ent-
schuldigungen für diese schlechten Leistungen zu finden.

Nun, eines Montagmorgen so gegen 3 Uhr früh weckte mich unsere neuer Haushund auf mit
seinem Bellen und ich muß gestehen daß ich dem armen Hund einen Klaps hinter die Ohren gab,
weil er mich geweckt hatte und mich wieder schlafen legte.

Gegen 6 Uhr begann ich wie jeden Morgen die Hunde in den Auslauf hinaus zu lassen. Der
erste, den ich hinaus ließ war ein Greyhound, der an dem Abend auf einem City Venue lief, und
als ich ihn hinaus ließ schien er zu straucheln, stieß an die Türschwelle und fiel um, stand aber
sofort wieder auf und hüpfte in den Auslauf.

Nachdem ich all meine morgendlichen Arbeiten erledigt hatte, untersuchte ich den Greyhound,
der abends laufen sollte gründlich inklusive Fieber messen und er schien völlig in Ordnung zu
sein.
Als ich auf der Rennbahn ankam um den Hund in den Rennbahn-Zwinger zu bringen und er
gerade hinten aufstand im Kombi, sah ich gerade noch im Rückspiegel, wie er wieder umfiel.     

Das war der Augenblick als ich endlich aufwachte. Plötzlich begriff ich was passiert war, ein-
schließlich all der eigenartigen Reaktionen mancher meiner Hunde an Renntagen und deren
schlechter Leistungen in den Rennen. 

Irgendein Nichtsnutz manipulierte meine Hunde.

Ich stellte den Hund wie jeden Abend in den Zwinger und ging zum diensthabenden Stewart.
Ich erklärte ihm die Situation und auch daß ich annahm, daß der Hund nicht in der Lage sein
würde die erwartete Leistung zu erbringen. Der Stewart bat den Tierarzt meinen Greyhound
nochmals zu untersuchen und das war der Moment als meine schlimmsten Befürchtungen
bestätigt wurden, der Hund hatte definitiv etwas abbekommen.

Der Stewart instruierte mich, daß der Hund erst direkt vor dem Start bei den Boxen zurück-
gezogen würde, wenn der Großteil der Wetten bereits abgegeben worden war.

Die Parade und dann hinter den Boxen zu stehen mit dem Wissen, daß der Hund nicht starten
würde, auf die Ansage zu warten .. das war eine der schrecklichsten Erfahrungen auf einem
Rennen, die ich jemals durchstehen mußte.
 
Dann hatte der Hund natürlich einen Doping-Test. Der Stewart sagte mir, daß ich zur Verant-
wortung gezogen würde, wenn etwas gefunden würde. 

Ich hatte das unverschämte Glück, daß die Dopingkontrollmethoden damals noch nicht so
perfektioniert waren wie heute und nichts gefunden werden konnte, aber es lastete doch so
etwas wie eine dunkle Wolke über meiner Reputation.

Ich weiß, daß wäre ich ein Stewart, auch ich glauben würde, daß der Trainer dem Greyhound
etwas gegeben hätte und nun panisch würde, wenn er die Probleme des Hundes erkennen
mußte.

Als ich am nächsten Morgen außen am Zwinger stand begriff ich, wie die Hunde sabotiert
worden waren. Direkt oberhalb jeder einzelnen Zwingerabteil war oben in der Ziegelwand ein
Lüftungsöffnung.
Jeder, der wußte welchen Hund wo seinen Platz hatte im Zwinger konnte einen Köder mit einer
Substanz durch die Lüftungsöffnung drücken und der würde direkt auf das Bett des jeweiligen
Hundes fallen.     

Unnötig zu sagen, daß diese Annahme umgehend bestätigt wurde und nachdem ich über die
Situation nachgedacht hatte entschied ich mich einen Greyhound los zu werden, den ich
trainierte aber viel wichtiger: den Besitzer, der gleich mit ihm verschwand.

Problem behoben!

Sicherheit bedeutet nicht nur, daß man verhindert, daß der Greyhound abhauen kann, es be-
deutet die totale Absicherung. Bitte denken Sie daran, daß es beim Greyhound-Rennen nicht
nur darum geht das Rennen zu gewinnen oder etwas Geld. Es geht um die breite Öffentlichkeit,
und in bestimmten Belangen um Investitionen von vielen Tausenden von Dollar.
Jeder Greyhound-Trainer hat die Verantwortung dafür zu sorgen, den Ruf von Greyhound-
Rennen als sauberem und ehrlichem Sport nicht aufs Spiel zu setzen.

Nicht nur dafür, daß wenn jemand Deinem Hund etwas gibt das seine Leistungsfähigkeit beein-
flußt, Du als Trainer verantwortlich bist und die Konsequenzen dafür zu tragen hast.   

SCHAU DIR DEINE ZWINGER GENAU UND SEHR KRITISCH AN DARAUFHIN. WIE LEICHT IST
ES, AN DEINE GREYHOUNDS ZU KOMMEN?   


Vorwort zu einer Serie - das sind im Original Texte aus Australien, die hier nicht unbedacht 1:1
übernommen werden können, sondern mit Verstand gelesen sein wollen um das Wissen hier
zu vergrößern. In diesem Sinne gilt das Vorwort für jeden Text der Serie.


Übersetzung Oval 5
Zum Copyright - dieser Text darf nicht zitiert oder geändert werden sondern nur verlinkt.
Inhaltliche Nachfragen müssen an Tom Meulman selber gestellt werden. Das ist Voraussetzung
für die Übersetzungsfreigabe für hier gewesen. Dazu bitte den Originaltext aufrufen und die
entsprechende Rubrik auf seiner Seite suchen.



Fortsetzung folgt...